Info-Brief 01/2022 Neues im Betreuungsrecht

 

1. 30 Jahre Betreuungsrecht

Seit 30 Jahren haben wir in Deutschland das Betreuungsgesetz. Nach vielen Jahren der Vorbereitung war das Gesetz am 1. Januar 1992 in Kraft getreten und hatte das alte Vormundschaftsrecht für Erwachsene abgelöst. Leider nicht immer von allen Menschen bemerkt. Die Vormundschaft ist immer noch nicht raus aus den Köpfen. Jetzt geht der runde Geburtstag in der bevorstehenden wichtigen Reform 2023 ein wenig unter. Trotzdem lohnt es sich, nochmals darauf hinzuweisen, dass die damalige Reform ein echter Meilenstein war. Auch mit dem aktuell noch gültigen Recht wurde die Selbstbestimmung der betroffenen Menschen deutlich gestärkt. Das Gesetz ist noch immer eins der modernsten in Europa. Was nicht bedeutet, dass es nicht Verbesserungspotential gibt. Zahlreiche Änderungen in vergangenen Jahren zeugen davon. Und nun stehen uns weitreichende Verbesserungen bevor, die 2023 in Kraft treten.

 

2. Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts tritt zum 1.1.2023 in Kraft

Die Änderungen:

1. Im Vormundschafts- und Sorgerecht deutliche Stärkung der Rechte der Kinder.

2. Im Betreuungsrecht wird das Recht betreuter Menschen auf Selbstbestimmung maßgeblich verbessert.

3. Im Eherecht tritt ein außerordentliches Notvertretungsrecht für Ehegatten im medizinischen Bereich in Kraft, da aktuelle Regelungen oft versagen.

4. Rechte von Pflegeeltern bzw. Pflegekindern werden gestärkt.

 

Die Neuregelungen wurden mit dem "Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts" am 4.5.2021 vom Bundestag verabschiedet und am 12.05.2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

• Die Reform widmet sich vielen, teilweise oft monierten Problempunkten in der Betreuung und Vormundschaft und soll überkommene Defizite im Umgang mit (Pflege-)Kindern und Betreuungsbedürftigen ausräumen.

• Außerdem soll aus dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen das Gebot größtmöglicher Selbstbestimmung besser als bisher umgesetzt werden.

 

Grundlegende Neustrukturierung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Das Gesetzespaket sieht umfassende Umbauten im Vormundschafts- und Betreuungsrecht vor: Mit der Reform wird eine ganze Reihe von Gesetzen geändert, darunter

• das BGB,

• das EGBGB,

• das FamFG,

• die ZPO,

• das BtOG,

• das SGB

• und das RPflG.

 

Was ändert sich im Betreuungsrecht?

Die Reform des Betreuungsrechts zielt auf eine Stärkung des Selbstbestimmungsrechts und der Autonomie unterstützungsbedürftiger Menschen.

 

Grundsatz der Erforderlichkeit einer Betreuungsanordnung

Die Reform betont die Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes in der betreuungsrechtlichen Praxis. Dieser Grundsatz impliziert, dass eine Betreuung nur angeordnet werden darf, wenn sämtliche, einer Betreuungsanordnung vorgelagerten sozialrechtlichen Hilfen nicht mehr aussichtsreich sind, um den Betroffenen ausreichend zu versorgen, § 1814 Abs. 3 BGB-E.

 

Mehr Selbstbestimmung für die Betroffenen

Das Selbstbestimmungsrecht von Betroffenen soll gestärkt werden, indem diese in sämtliche Stadien eines Betreuungsverfahrens eingebunden werden und ein Recht auf Information haben, sowie ein Mitspracherecht bei der gerichtlichen Entscheidung über das Ob und Wie einer Betreuerbestellung, § 1816 BGB-E. Die Betroffenen sollen auch bei der Auswahl des konkreten Betreuers ihre Vorstellungen einbringen können und hierbei so weit wie möglich in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Gegen den freien Willen eines Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden, § 1814 Abs. 2 BGB-E.

 

Rechtlicher Vorrang der Wünsche der Betreuten

Mit der Normierung dieses Grundsatzes wird ein grundsätzlicher Vorrang der Wünsche des Betreuten als zentraler Maßstab des Betreuerhandelns und des Betreuungsrechts implementiert. Das Mittel der Stellvertretung soll der Betreuer nur dann einsetzen dürfen, wenn dies unbedingt erforderlich ist, weil der Betreute im konkreten Fall zu einer eigenen vernunftbestimmten Handlung nicht in der Lage ist, § 1821 BGB-E.

 

Bessere gerichtliche Kontrolle der Betreuer

Durch einen Ausbau der gerichtlichen Kontrolle - in der Regel durch den Rechtspfleger - sollen Pflichtwidrigkeiten des Betreuers, die das Selbstbestimmungsrecht des Betreuten beeinträchtigen, besser erkannt und gegebenenfalls auch sanktioniert werden können. Hierdurch und durch spezielle Kriterien für die Auswahl eines konkreten Betreuers soll ein höherer Qualitätsstandard der Betreuung erreicht werden.

 

Neues Betreuungsorganisationsgesetz

Sämtliche öffentlich-rechtlich geprägten Vorschriften zu Betreuungsbehörden, Betreuungsvereinen sowie ehrenamtlichen und beruflichen Betreuern werden nun im Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) zusammengefasst. Damit werden einige bisher in verschiedenen Gesetzen verstreute Vorschriften sowie das Betreuungsbehördengesetz obsolet. Das neue BtOG regelt die Zuständigkeit der Betreuungsbehörden in den §§ 1 ff BtOG-E und verpflichtet diese gemäß § 8 BtOG-E zur Ausschöpfung von Beratungs- und Unterstützungsangeboten, um die Anordnung einer Betreuung nach Möglichkeit zu vermeiden.

 

Stärkung der Rechtsstellung der Betreuungsvereine

Zur Verbesserung des Informations- und Kenntnisniveaus ehrenamtlicher Betreuer wird die Möglichkeit einer Anbindung an einen anerkannten Betreuungsverein sowie eine Begleitung und Unterstützung durch diesen neu eingeführt, §§ 1818 ff BGB-E. Anerkannte Betreuungsvereine erhalten einen gesetzlichen Anspruch auf eine bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung mit öffentlichen Mitteln zur Wahrnehmung der ihnen zugewiesenen Aufgaben, § 17 BtOG-E. Eine verlässliche öffentliche Förderung durch Länder und Kommunen soll für Betreuungsvereine die benötigte Planungssicherheit gewährleisten.


Neues Betreuerregister

Mit einem neu eingeführten formalen Registrierungsverfahren werden persönliche und fachliche Mindesteignungsvoraussetzungen für Berufsbetreuer eingeführt. Gemäß § 23 BtOG werden nur solche Betreuer im Betreuerregister registriert, die die erforderliche persönliche Eignung und Zuverlässigkeit sowie eine ausreichende Sachkunde für die Tätigkeit besitzen.

 

3. Eherechtliches Notvertretungsrecht

Die Vertretungsmöglichkeiten des anderen Ehegatten in gesundheitlichen Notsituationen werden deutlich erweitert. In Fällen, in denen ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit vorübergehend nicht in der Lage ist, die Angelegenheiten seiner Gesundheitssorge zu regeln, erhält der andere Ehegatte ein auf drei Monate begrenztes gesetzliches Vertretungsrecht, § 1358 BGB-E. Dieses umfasst:

• die Einwilligung in Untersuchungen und Heilbehandlungen,

• die Einwilligung in ärztliche Eingriffe,

• den Abschluss von Behandlungs- und Krankenhausverträgen,

• den Abschluss von Verträgen über eilige Maßnahmen zur Rehabilitation

• sowie einige weitere dringliche Regelungsbefugnisse, § 1358 Abs. 1 Ziff. 1-4 BGB-E.

Dem Notvertreter gegenüber sind gemäß § 1358 Abs. 2 BGB-E die Ärzte für die Dauer des Notvertretungsrechts von der Schweigepflicht entbunden. Gemäß § 1358 Abs. 3 BGB-E besteht das Vertretungsrecht nicht bei getrenntlebenden Ehegatten oder wenn dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass der vertretene Ehegatte eine Vertretung durch den anderen Ehegatten nicht wünscht oder er bereits eine andere Person zu seiner Vertretung bevollmächtigt hat oder eine gerichtliche Betreuung steht.

 

4. Einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt nicht für rechtliche Betreuer*innen

Impflicht der rechtlichen Betreuer*innen Das Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) hat am 11. Februar 2022 eine neue Fassung der FAQs zur sogenannten einrichtungsbezogenen Impfpflicht veröffentlicht. In der 4 neuen Version wird klargestellt, dass rechtliche Betreuer*innen (beruflich und ehrenamtlich) nicht unter diese Impfpflicht fallen. Die unterschiedliche Auslegung des § 20a IfSG seitens verschiedener Ministerien hatte in der Praxis für erhebliche Irritationen gesorgt. Selbstverständlich unterliegen rechtliche Betreuer*innen - als Besucher - in jedem Fall einer Testregelung nach § 28b Abs. 2 IfSG und lassen somit den Betroffenen in der Einrichtung nicht schutzlos. Und selbstverständlich ist die Corona-Schutzimpfung von Betreuer*innen ein adäquates Mittel, um Klient*innen vor einer Infektion zu schützen.

 

5. Studie zu Gewaltschutzstrukturen für Menschen mit Behinderungen

Das Institut für empirische Soziologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Studie Gewaltschutzstrukturen für Menschen mit Behinderungen - Bestandsaufnahme und Empfehlungen erstellt. Der Abschlussbericht liegt nun vor. Menschen mit Behinderungen sind einem besonders hohen Risiko ausgesetzt, Opfer von Gewalt zu werden. Besonders schwierig ist die Lage innerhalb von Einrichtungen, da gerade dort rechtliche Instrumente zum Schutz vor Gewalt oftmals ins Leere laufen. Zunächst wurde im Rahmen der Studie eine Bestandsaufnahme und Analyse der gegenwärtigen Situation von Menschen mit Behinderungen vorgenommen. In einem zweiten Schritt wurden dann Verbesserungsmöglichkeiten, zu bearbeitende Handlungsfelder und Handlungsempfehlungen erarbeitet. Trotz durchaus festzustellender positiver Entwicklungen und Beispiele guter Praxis beim Gewaltschutz in Wohnheimen und Werkstätten, zeigen sich durchaus weiterhin Lücken und Entwicklungsmöglichkeiten. Benannt werden beispielsweise • Personalmangel in Einrichtungen, • zu wenige Qualifizierungsmaßnahmen zur umfassenden Gewaltsensibilisierung des Fachpersonals und der Leitungskräfte, • eingeschränkte Mitbestimmungsrechte von Bewohner*innen und Werkstattmitarbeiter*innen sowie • unzureichende Achtung der Privat- und Intimsphäre. Weitere Informationen: https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Meldungen/2021/studie-gewaltschutzstrukturen-menschen-mit-behinderungen-in-einrichtungen.html?utm_source=Newsletter&utm_medium=FBS&utm_campaign=3093 Quelle: btprax newsletter

 

6. Zur Vertretung

1. Im Verfahren auf Erteilung eines Erbscheines kann sich der Antragsteller vertreten lassen. Hierfür ist eine schriftliche Vollmacht ausreichend.

2. Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gem. § 352 Abs. 3 Satz 3. FamFG kann bei einem nicht geschäftsfähigen Antragsteller durch einen Vorsorgebevollmächtigten erfolgen. (OLG Bremen, Beschluss vom 14.9.2021- 5 W 27721)

 

7. Zu freiheitsentziehenden Maßnahmen

Ein sog. DESO-Band für desorientierte Heimbewohner, das lediglich einen Alarm auslöst, wenn der Heimbewohner die Einrichtung verlässt, bedarf keiner betreuungsgerichtlichen Genehmigung nach § 1906 Abs. 4 BGB, da die Fortbewegungsfreiheit als solche nicht beeinträchtigt ist (AG Auerbach, Beschluss vom 21.09.2021- 6 XVII 234/18)

 

Info-Brief 02/2022 Neues im Betreuungsrecht

Der Gesetzgeber sieht auch weiterhin den ehrenamtlichen Betreuer als den „Regelfall“ vor, was sich aus § 1816 Abs. 5 Satz 1 BGB ausdrücklich ergibt. Betreuungsvereine sind angehalten, ehrenamtliche Betreuer*innen zu beraten und sie zu unterstützen. Das Gesetz sieht zudem vor, dass zur Sicherstellung der Qualität der rechtlichen Betreuung, ehrenamtliche Betreuer*innen eng von den Betreuungsvereinen begleitet werden. Zu diesem Zweck sollte eine Vereinbarung zur Unterstützung und Begleitung im Sinne des § 15 Abs 1 Nr. 4, Abs. 2 BtOG mit einem anerkannten Betreuungsverein geschlossen werden.

 

Ganz in diesem Sinne möchten wir Sie heute schon einladen, unsere Veranstaltung am Mittwoch, den 15. Februar 2023 (um 18.00 Uhr in den Räumlichkeiten des DRK -Betreuungsvereins in Bad Ems) zu besuchen. Einige Inhalte finden Sie bereits in diesem Info-Schreiben. Des Weiteren werden wir Ihnen an diesem Termin alles Wichtige rund um die neue „Vormundschafts- und Betreuungsrechts Reform 2023“ berichten.

(Hierzu folgt im neuen Jahr eine gesonderte Einladung.)

 

 

 

 

Erhöhung des Schonbetrages von 5.000 Euro auf 10.000 Euro

 

Auch weiterhin hat der Betreute gemäß § 1880 Abs. 2 BGB n.F. i.V.m. § 90 SGB XII sein Vermögen für die Vergütung und den Aufwendungsersatz des Betreuers einzusetzen. Gemäß § 90 Abs. 2 Ziffer 9 SGB XII i.V.m. § 1 der Verordnung zu § SGB XII steht dem Betreuten ein Schonbetrag von 5.000 Euro zu.

 

Mit der von der Bundesregierung beabsichtigen Einführung des Bürgergeldes, das das bisherige System des Arbeitslosengeldes 2 und Sozialgeldes ablösen soll, ist eine Anhebung des Schonbetrages zum 01.01.2023 auf 10.000 Euro geplant.

 

In den Verfahren, in denen der Betreute Vermögen von mehr als 5.000 Euro, aber höchstens 10.000 Euro angespart hat und der Betreuer bislang seine Vergütung aus dem Vermögen des Betreuten erhalten hat, erhält der Betreuer seine Vergütung künftig aus der Staatskasse. Dies gilt für alle Vergütungsanträge, über die das Betreuungsgericht nach dem 31.12.2022 zu entscheiden hat, auch wenn der Abrechnungszeitraum vor dem 01.01.2023 endet.

 

Das Gleiche gilt für Beschlüsse über die Festsetzung der Aufwandspauschale oder Aufwendungsersatzes für ehrenamtliche Betreuer nach §§ 1877, 1878 BGB n.F., die nach dem 31.12.2022 fällig werden.

 

 

 

 

Änderung zur Aufwandspauschale für die ehrenamtlichen Betreuer

 

Die Aufwandspauschale für die ehrenamtlichen Betreuer erhöht sich zum 01.01.2023 von 400 Euro auf 425 Euro. Gemäß § 1878 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. entspricht die Pauschale ab 01.01.2023 dem 17-Fachen des Höchstbetrages der einem Zeugen zustehenden Entschädigung für eine Stunde versäumter Arbeitszeit nach § 22 JVEG in Höhe von 25 Euro. Bisher beträgt die Pauschale gem. § 1835a Abs. 1 BGB a.F. das 15-Fache des Stundensatzes. Für Abrechnungszeiträume, für die die unterschiedlichen Sätze gelten, erfolgt keine anteilsmäßige Berechnung. Die Höhe der Pauschale bestimmt sich nach dem Fälligkeitszeitpunkt.

 

 

 

 

Der Jahresbericht gilt als Folgeantrag

 

Der Betreuer muss künftig gem. § 1878 Abs. 4 Satz 2 GBG n.F. während des Betreuungsverfahrens nur noch einmal den ausdrücklichen Antrag auf Erstattung einer Aufwandspauschale stellen. In der Folge gilt die Einreichung des Jahresberichtes als Folgeantrag, es sei denn, der Betreuer verzichtet ausdrücklich auf eine weitere Geltendmachung.

 

Die Erlöschensfrist des § 1878 Abs. 4 Satz 1 GBG n.F. gilt auch für diese fingierte Antragstellung. Wird der Jahresbericht erst nach dem 30.06. des Folgejahres, in dem der Berichtszeitraum endet, eingereicht, erlischt der Anspruch auf Aufwendungsersatz. Der Anspruch kann aber auch unabhängig von der Berichterstattung gesondert vom Betreuer geltend gemacht werden. Dies kann die Geltendmachung der Aufwandspauschale erleichtern, andererseits einen Anreiz für die rechtzeitige Einreichung des Jahresberichtes setzen. Diese Erleichterung gilt auch für Verfahren, die vorm dem 01.01.2023 anhängig waren.

 

 

 

 

Aus Aufgabenkreisen werden Aufgabenbereiche

 

Ein Novum ist die eigenständige Vorschrift zum Umfang der Betreuung (neu: § 1815 GBG)

Fortan differenzieren Aufgabenbereiche die bislang geltenden Aufgabenkreise und sind präziser auf die Unterstützungsbedarfe von Betreuten ausgerichtet. So heißt es in Absatz 1: „Der Aufgabenkreis eines Betreuers besteht aus einem oder mehreren Aufgabenbereichen. Diese sind vom Betreuungsgericht im Einzelnen anzuordnen.“ So kann es zum Beispiel zukünftig einen Aufgabenbereich „Verwalten des Girokontos“ geben, der im Zuschnitt deutlich kleiner ist als die pauschale „Vermögenssorge“. Einheitliche Definitionen von Aufgabenbereichen wird es nicht geben.

 

Absatz 2 des Paragrafen 1815 regelt Aufgabenbereiche, die in jedem Fall der richterlichen Anordnung bedürfen, darunter freiheitsentziehende Behandlungen und Unterbringungen sowie die Entscheidung über die Entgegenahme, das Öffnen und das Anhalten der Post. Grundsätzlich gilt: Betreuer*innen, die für ihre Betreuten in der Vergangenheit Aufgabenkreise übertragen bekommen haben, müssen diese nicht ändern lassen. Erst im Zuge von Anhörungen zur Änderung oder Verlängerung von Betreuungen werden neue Aufgabenbereiche festgelegt.

 

Ein Sonderfall: Wer vor dem 01. 01.2023 Betreuungen für „Alle Angelegenheiten“ übernommen hat, darf diese maximal bis zum 31.12.2023 weiterführen. Danach wird es keine Betreuungen in „Allen Angelegenheiten“ mehr geben.

 

 

 

 

Berichtspflichten

 

Auf Betreuer*innen kommen ab 2023 vermehrte Berichtspflichten zu:

 

• Binnen drei Monaten nach Übernahme einer Betreuung ein Anfangsbericht (basierend auf eingehendem Kennenlerngespräch)

 

• Ein Jahresbericht

 

• Sowie ein Schlussbericht am Ende einer Betreuung.

 

Ob es die einheitlichen Standards, die der BdB (Bundesverband der Berufsbetreuer*innen) für die Erstellung gefordert hatte, geben wird, ist unklar: „Es steht zu befürchten, dass die Behörden hierzu noch nicht gut aufgestellt und vernetzt sind. Voraussichtlich macht jede Behörde ihre eigenen Vorgaben“, so Dr. Harald Freter. Die BAG Unterstützte Entscheidungsfindung im BdB behandelt das Thema und wird Empfehlungen für Mitglieder erarbeiten.

 

 

 

 

Vermögenssorge: eingeschränktes Vertretungsrecht

 

Wegen des ab 2023 geltenden Vorranges der Wünsche von Betreuten (§ 1821 BGB Pflichten des Betreuers; Wünsche des Betreuten) kommt es im Aufgabenkreis Vermögenssorge zu einer Angleichung an die Gesundheitssorge. Demnach haben Betreuer*innen fortan nur ein Vertretungsrecht, wenn Betreute nicht einwilligungsfähig sind. Die Regelung bedeutet auch, dass Rechtspfleger*innen weniger Prüfpflichten haben.

 

 

 

 

Betreuungsorganisationsgesetz: „Spielregeln kompakt“

Das neu eigeführte Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) fasst alle nicht zum Zivilrecht (BGB) gehörenden Bestimmungen in Bezug auf Betreuungsbehörden, Betreuungsvereine und Betreuer*innen zusammen.

 

Es ersetzt diverse bislang über verschiedene Gesetze verteilte Vorschriften, insbesondere das Betreuungsbehördengesetz. Das BtOG verpflichtet Betreuungsbehörden, Beratungs- und Unterstützungsangebote auszuschöpfen, um die Anordnung einer Betreuung nach Möglichkeit zu vermeiden. Es ist in fünf Abschnitte gegliedert (Abschnitt 3 „Rechtliche Betreuer“ §§ 19-30 – Registrierung und Zulassung §§ 23,24)

 

 

 

 

Hilfreiche Internetseiten fürs Arbeitsfeld „Rechtliche Betreuung“ zum Thema „BtG-Reform“

 

• Bundesjustizministerium

 

https://www.bmj.de/DE/Themen/VorsorgeUndPatientenrechte/Rechtliche_Betreuung/Rechtliche_Betreuung_node.html

 

• Aktion Mensch

 

https://www.aktion-mensch.de/inklusion/recht/hintergrundwissen/betreuungsrecht

 

• Beck-Verlag

 

https://www.beck-fernkurse.de/betreuungsrechtsreform-2023-verguetung-und-sachkundenachweis/

 

 

 

 

BAG-SB (Bundesarbeitsgemeinschaft-Schuldnerberatung e.V.) schlägt Alarm:

Die Energiepauschale von 300 Euro ist pfändbar.

 

Die BAG-SB seiht die Gefahr, dass die 300 Euro Energiepauschale gepfändet werden könnte, das betrifft rund sieben Millionen Menschen, weil der Gesetzgeber vergessen hat, die Unpfändbarkeit zu normieren.

 

Hier müsste im Zweifelsfall ein Pfändungsschutzantrag bei Gericht gestellt werden, sonst könnte sie direkt wieder weggenommen werden.

 

Ein entsprechendes Musterschreiben finden Sie im Anhang oder unter: https://t1p.de/825g0