Bundesteilhabegesetz verabschiedet

Mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist nun eine der großen sozialpolitischen Reformen dieser Legislaturperiode verabschiedet worden, an der fast ein Jahrzehnt lang gearbeitet wurde. Das Gesetz schafft mehr Möglichkeiten und mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen.

 

Menschen mit Behinderungen, die auf Unterstützung wie z.B. persönliche Assistenzen oder Psychotherapie aus der Eingliederungshilfe angewiesen sind, müssen die für sie notwendigen Reha-Leistungen nun nicht mehr bei verschiedenen Leistungsträgern separat beantragen. Die frühzeitige Unterstützung bei der Rehabilitation wird verbessert und eine unabhängige Beratung hilft bei konkreten Fragen. Der Leistungskatalog der Eingliederungshilfe wird konkretisiert, Elternassistenz und Assistenz in der Weiterbildung und im Studium erstmalig ausdrücklich geregelt und neue Jobchancen in Betrieben für Werkstattbeschäftigte durch ein Budget für Arbeit geschaffen. Im Arbeitsumfeld werden die Vertretungsrechte für Schwerbehindertenvertretungen und Werkstatträte gestärkt. Ein großer Schritt ist zudem, dass die Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe herausgelöst wird und dadurch mehr individuelle Selbstbestimmung durch ein modernes Recht auf Teilhabe und die dafür notwendigen Unterstützungen ermöglicht wird.

 

Im gesamten Verfahren der Konzeptionierung und der Debatten im Deutschen Bundestag wurde der enge Kontakt mit Verbänden und Betroffenen gesucht. Im parlamentarischen Verfahren konnten dadurch nochmals Verbesserungen erreicht werden und das Gesetz an entscheidenden Stellen fortentwickelt werden, die nun beschlossen werden:

 

Der Zugang zur Eingliederungshilfe wird bis 2022 nach dem bisherigen Recht erfolgen. Bis 2018 sollen mittels einer wissenschaftlichen Untersuchung Kriterien für den neuen Zugang entwickelt werden. Danach ist geplant, diese Kriterien in Modellregionen in allen Bundesländern zu überprüfen. Die neuen Zugangskriterien sollen dann vor Inkrafttreten durch ein Bundesgesetz beschlossen werden.

 

Beim Wunsch- und Wahlrecht soll durch weitere Änderungen bei der Angemessenheits- und Zumutbarkeitsprüfung die gewünschte Wohnform besonders gewürdigt werden. Bei der ebenfalls umstrittenen Regelung zur gemeinsamen Inanspruchnahme von Leistungen dürfen Assistenzleistungen, die im Zusammenhang mit dem Wohnen stehen, nicht gegen den Willen des Leistungsberechtigten gemeinsam erbracht werden.

 

Beim Zusammentreffen von Leistungen der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege wird nun das sogenannte "Lebenslagenmodell" umgesetzt: Bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze umfassen die Leistungen der Eingliederungshilfe die Leistungen der Hilfe zur Pflege. Damit gelten für die Betroffenen die günstigeren Einkommens- und Vermögensgrenzen der Eingliederungshilfe. Bei Personen, die vor Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe haben, gilt diese Regelung auch über die Altersgrenze hinaus, soweit die Ziele der Eingliederungshilfe erreicht werden können.

 

Das zusätzlich zum Werkstattentgelt zu zahlende Arbeitsförderungsgeld für Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Menschen wird zum 1. Januar 2017 von derzeit monatlich 26 Euro auf 52 Euro erhöht. Der Vermögensschonbetrag in der Sozialhilfe soll für alle leistungsberechtigten Menschen von derzeit 2.600 Euro auf 5.000 Euro erhöht werden.

 

Die Leistungen der Teilhabe an Bildung im Bereich der Hochschulen und Erwachsenenbildung wurden nochmals erweitert. Künftig werden auch Unterstützungsleistungen für den Besuch weiterführender Schulen grundsätzlich durch die Eingliederungshilfe erbracht.

 

Neben dem zweistufigen Verfahren bei der Frage des Zugangs zur Eingliederungshilfe wird den Ängsten und Bedenken durch die Umsetzungsbegleitung und Evaluierung der gesamten Eingliederungshilfe besonders Rechnung getragen. Wie bereits bei der Erarbeitung des BTHG sollen dabei alle Beteiligten und insbesondere die Behindertenverbände unter dem Motto "nicht über uns ohne uns" eng beteiligt werden. Das Gesetz tritt in seiner 1. Stufe bereits zum 1.1.2017 in Kraft.

 

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales